Im Süden des Flughafens wird derzeit gebaggert und gebaut. Denn hier entsteht das neue Terminal 3. Aber wie sollen Reisende, Besucher und Beschäftigte später von Terminal 1 und 2 aus in den Süden kommen? Immerhin trennen zwei Start- und Landebahnen das neue Terminal 3 vom Rest des Flughafens. Diese Herausforderung beschäftigt Planer wie Wolfgang Holzhausen schon viele Jahre. „Bereits während meines Studiums an der TU Darmstadt habe ich mich mit der Infrastruktur am Flughafen beschäftigt und die damals im Rahmen einer Studienarbeit gefundene Lösung bei Fraport weiter entwickelt“, erläutert der Verkehrsplaner.
Wo für die neue Sky Line-Bahn überall gebaut wird, erläutert Wolfgang Holzhausen im Video. (Dezember 2018)
Heute ist er verantwortlich für die Planung und Realisierung der neuen der neuen Sky Line-Bahn. Das System soll den reibungslosen und vor allem schnellen Wechsel zwischen Terminal 3 und den bestehenden Terminals 1 und 2 sowie dem Regional- und Fernbahnhof gewährleisten.
Seit 1994 fährt die Sky Line-Bahn zwischen Terminal 1 und 2 als erstes fahrerloses Transportsystem in Deutschland.
Bereits 1994 zur Eröffnung von Terminal 2 standen die Planer vor einer ähnlichen Herausforderung. Damals wurde mit der Sky Line-Bahn ein Transportsystem entwickelt, das Passagiere 365 Tage im Jahr zwischen Terminal 1 und 2 befördert – und zwar fahrerlos völlig autonom. Das System hat sich bis heute bewährt. Für die Anbindung des Terminals 3 wurde zunächst überlegt, die bestehende Streckenführung der Sky Line-Bahn einfach zu verlängern und bis in den Süden des Flughafens Frankfurt zu Terminal 3 auszubauen. Die heutige Bahn ist jedoch auf transitreisende Fluggäste ausgerichtet und zudem auf zwei Wagen pro Zug begrenzt. Damit auch Anreisende mit der Bahn problemlos die neue Sky Line-Bahn zum Terminal 3 nutzen können und keine Kapazitätsprobleme entstehen, wurde der Plan einer simplen Verlängerung des Systems schnell wieder verworfen.
Die neue Sky Line-Bahn gewährleistet Reisenden eine optimale Anbindung des neuen Terminals an den Flughafen.
Stattdessen entwickelte Wolfgang Holzhausen zusammen mit seinem Team ein paralleles Transportsystem mit komplett neuer Streckenführung. Reisende vom Fern- und Regionalbahnhof werden bequem über die neu zu bauende Haltestelle vor Terminal 1 einsteigen. Bis zur Realisierung des Erweiterungsmoduls der Station am Flugsteig C wird der Umstieg zwischen „alter“ und „neuer“ Bahn in der Station Terminal 2, die bereits beim Bau der Sky Line 1994 für die Aufnahme zwei weiterer Gleise vorbereitet wurde, erfolgen. Sie dient dabei auch dem Ein- und Ausstieg aller Reisenden des Terminals 2. Nach einem kurzen Halt fährt die neue Sky Line-Bahn vom Terminal 2 entlang der Autobahn A5 direkt zum Terminal 3.
Die neue Sky Line-Bahn wird das vorhandene System ergänzen.
Die neue Sky Line-Bahn: Die Trassenführung im Video dargestellt.
Sowohl die neue als auch die alte Bahn fahren fahrerlos auf zwei Trassen. In etwa acht Minuten gelangen Reisende auf diesem Weg vom Fern- und Regionalbahnhof zu Terminal 3 – und das an 365 Tagen im Jahr. Dank der zweiminütigen Taktung sind auch knapp bemessene Anschlussflüge von 45 Minuten erreichbar. Ebenso wird für eine Verzahnung des bestehenden und des neuen Systems gesorgt. So haben Fahrgäste in der erweiterten Station am Terminal 2 und in der erweiterten Station am Flugsteig C die Möglichkeit, bequem zwischen den Zügen umzusteigen.
Auf einer Fahrweglänge von 5,6 Kilometern erreicht die neue Bahn eine Geschwindigkeit bis zu 80 km/h. Auf dem Weg von der neuen Station am Terminal 1 nahe dem Fern- und Regionalbahnhof, vorbei an Terminal 2, entlang der Autobahn A5 in Richtung Süden, bis zum Terminal 3 muss die Bahn zwischen mehreren Ebenen wechseln. Die neue Sky Line-Bahn fährt deshalb sowohl in Hochlage – etwa am Regional- und Fernbahnhof – als auch ebenerdig entlang der Autobahn.
Wie bei fahrerlosen Systemen üblich, fahren die Züge der neuen Sky Line-Bahn in beide Richtungen und entsprechen dem neuesten Stand der Technik. Ähnlich wie bei der bestehenden Sky Line-Bahn, bietet auch das neue System zwei Fahrgastgruppen in getrennten Fahrzeugenteilen Platz: Im öffentlich zugänglichen Wagen können alle Schengen-Umsteiger und Originärpassagiere, d.h. Fluggäste, deren Reise am Flughafen Frankfurt beginnt und endet, fahren. Non-Schengen-Umsteiger werden davon getrennt transportiert. Ein neues Werkstattgebäude für die Wartung und Pflege der automatischen Züge stellt dabei stets sicher, dass bis zu 4.000 Reisende pro Stunde und Richtung zwischen den Terminal 1, 2 und 3 verkehren können. Auch die Betriebsleitzentrale und das Materiallager finden Platz im Werkstattgebäude, das aus insgesamt zwei Bauwerken besteht. Im Kerngebäude stehen sieben Stockwerke zur Verfügung, die Werkstatthalle kommt mit zwei Etagen aus. Der Clou daran: Stützen ermöglichen, dass die Halle in 16 Metern Höhe gleichauf mit den Sky Line-Trassen liegt. Die nachhaltige Planung von Terminal 3 spiegelt sich auch beim Werkstattgebäude wider, das mit einem Grün-Dach und einer 620 Quadratmeter großen Photovoltaikanlage aufwartet. Dabei generiert die Photovoltaikanlage rund 100.000 kW/h Strom pro Jahr.
Im März 2018 erfolgte mit der Wahl des Systemanbieters für die neue Sky Line-Bahn ein wichtiger Schritt von der Vision auf dem Papier hin zur baulichen Umsetzung:
„Die Systemvergabe für die neue Sky Line-Bahn ist ein wichtiger Meilenstein zur leistungsfähigen Anbindung von Terminal 3 an die Bestandsterminals 1 und 2 sowie den öffentlichen Verkehr am Fern- und Regionalbahnhof“, hält Dr. Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender der Fraport AG, fest.
Große Glasfronten bieten den Fahrgästen während der Fahrt eine einmalige Aussicht auf das Flughafengelände.
Der Zuschlag für die Systemlieferung geht an die Bietergemeinschaft von Siemens, Max Bögl und Keolis, die durch ihre langjährige Erfahrung mit autonomen Beförderungssystemen überzeugen konnten. Bestehen wird das neue System zunächst aus zwölf zweiteiligen Fahrzeugen, die Terminal 3 mit dem Norden des Flughafens verbinden. Der Auftrag beinhaltet zum einen das Zugsystem mit seinen Fahrzeugen, deren Steuerungssystem und die Energieversorgung. Zum anderen verantwortet das Konsortium die Ausrüstung der Sky Line-Strecke sowie den Bau eines Teils des Fahrwegs.
Im nächsten Schritt heißt es für die neue Sky Line-Bahn: Beton und Stahl auf der Baustelle statt Reißbrett und Computer im Büro. Im Juli 2019 sind die ersten Bohrpfahlarbeiten für den nördlichen Trassenabschnitt gestartet, insgesamt 350 Bohrpfähle werden hier mit Spezialgeräten in den Boden eingebracht. Wo dabei klassische Hammerkopfstützen oder Betonrahmen eingesetzt werden, hängt von mehreren Faktoren ab. So braucht es Rahmen als Unterbau, wenn darunter einmal normale Verkehrsstraßen verlaufen oder darauf mehr als zwei Fahrwege gelegt werden sollen. Sechs Stützen werden zunächst errichtet, die Stütze Nummer 69 macht dabei den Aufschlag. Damit die bis zu 13 Meter hohen Stützen stabil stehen, dienen jeweils mindestens vier Bohrpfähle mit 1,20 Metern Durchmesser als Fundament. Nicht nur auf der Terminal 3-Baustelle selbst wird also tief gegraben; auch im nordöstlichen Teil des Flughafens bohrt schweres Gerät für die Bohrpfähle mehrere Meter in den Boden.
Bis Mitte 2021 soll der Unterbau für die neue Sky Line-Bahn im Norden stehen: 47 Einzelstützen sowie 17 Rahmen für die Trasse deuten dann bereits an, wo künftig das autonome Bahnsystem an 365 Tagen im Jahr verkehren wird. Die Bauarbeiten an den beiden anderen Trassenabschnitten, Fahrweg Mitte und Fahrweg Süd starten in der zweiten Jahreshälfte 2020.
In der zweiten Bauphase des Fahrwegs Nord wird die Trasse durch viele einzelne Fahrwegträger zusammengestellt. Die einzelnen Träger sind bereits fertig montiert und werden in einem Stück angeliefert. Da die Abstände zwischen den Stützen von 20 bis 60 Metern reichen, sind die Fahrwegträger nicht „von der Stange“ sondern alle Unikate und dabei vor allem Schwergewichte. Sie können bis zu 200 Tonnen wiegen! Solche Lasten können nur von Spezialkränen aufgehoben werden, von denen es nur wenige in Deutschland gibt. Die Konstruktion der Träger ist aber selbst für Spezialkräne eine Herausforderung, sodass meist Teamarbeit von zwei Kränen im Tandem-Hub-Verfahren gefragt ist. Für die Planer ist es eine logistische Meisterleistung, die Schwergewichte auf dem beengten Raum im Norden des Flughafens punktgenau zu platzieren. Auch deshalb heißt es wieder: Präzise Planung und genaue Abstimmung sind das A und O. Nur so kann das Flughafengeschehen möglichst ungeschehen weiter laufen, während parallel an der Zukunft des Flughafens gebaut wird.
Vor Ort erfolgt danach dann der Einbau der Geländer, Notgehwege und der Führungsschienen für die Fahrzeuge. Auch die Elektrik für Beleuchtungen, Weichensteuerung oder Signalübertragungen wird dann installiert. Im nächsten Schritt geht es an den Fahrweg selbst: Je nach Größe und Gewicht werden Abschnitte der Betonfahrbahn vor Ort hergestellt. Kleinere Stücke können schon im Werk produziert und angeliefert werden. Um die Fahrbahn auch bei kühlen Temperaturen betriebstüchtig zu halten, werden alle Laufflächen der Fahrbahn mit Kupferrohren ausgestattet. Durch diese laufen später einmal Heizdrähte und sorgen ähnlich einer Fußbodenheizung für reibungslose Fahrtabläufe.
Am Anfang war der Aushub – diese Devise gilt auch für den Bau des neuen Werkstattgebäudes im Bereich des nördlichen Fahrwegs. Seit Februar 2020 sind hier Bagger und Walzen angerollt, die das Gelände für den Bau vorbereiten. Asphalt aufbrechen, Erde abtragen und den Untergrund ebnen lauten ihre Aufgaben, damit im März der Rohbau beginnen konnte.
Sven Fuchs (FAS GmbH) erklärt, wie die riesigen Trassenteile für die neue Sky Line-Bahn angeliefert und montiert werden. (August 2020)
Das Werkstattgebäude besteht aus zwei Teilen: dem siebenstöckigen Kerngebäude und der zweistöckigen Werkstatthalle. Deshalb unterscheiden sich hier zunächst die Bauarbeiten. Das Kerngebäude ist unterkellert, daher wird für dieses zunächst eine 6,50 Meter tiefe Grube ausgehoben und eine bis zu 2,20 Meter dicke Bodenplatte hergestellt. Währenddessen benötigt die Halle insgesamt 24 Stützen, damit die Züge künftig von der Werkstatthalle direkt auf die Trasse fahren können. Sie gründen auf 58 Bohrpfählen und heben die Halle auf eine Höhe von etwa 16 Metern.
Dann kommen Beton und Stahl ins Spiel. Sie sorgen dafür, dass das Kerngebäude, die Stützen sowie die Werkstatt stabil in die Höhe wachsen können. Im April 2021 soll der Rohbau dann abgeschlossen sein; darauf folgen die Arbeiten am Dach und der Innenausbau. Im Januar 2022 ist es dann so weit: Die ersten Sky Line-Fahrzeuge sollen angeliefert und betriebsbereit gemacht werden. Jedes Fahrzeug erreicht seine zukünftige Einsatzstrecke in zwei Teilen. Mobilkräne heben diese dann auf den Fahrweg im Bereich des Werkstattgebäudes. Von dort aus werden die Fahrzeuge in die Werkstatthalle gebracht, zusammengebaut und intensiv getestet. Sobald dann die letzten Bauarbeiten abgeschlossen sind, ist das Werkstattgebäude bereit für seine künftigen Aufgaben.
In den kommenden Jahren rückt die Ziellinie immer näher: Sowohl die Systemtechnik mit den Fahrzeugen als auch das neue Werkstattgebäude sollen rechtzeitig zur Fertigstellung von Terminal 3 ihren Betrieb aufnehmen. Dann kann die neue, automatische Bahn den nördlichen und des südlichen Flughafenteil in lediglich acht Minuten Fahrtzeit miteinander verbinden.
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