Viele Teile auf dem Weg zum großen Ganzen

Wo die großen Flieger parken…

Einen Parkplatz zu finden, ist in einer Stadt wie Frankfurt nicht immer einfach – besonders wenn man eine Spannweite von 80 Metern und eine Länge von 73 Metern hat wie der A380.

Die zwei neuen Flugsteige H und J an Terminal 3 bieten deshalb insgesamt 24 neue Gebäudepositionen, davon auch vier für die besonders großen Flieger. Doch nicht nur Großraumflugzeuge genießen den Komfort an den neuen Flugsteigen: Auch Passagieren wird es auf einer Gesamtfläche von circa 103.000 Quadratmetern an nichts fehlen.

Diese Fläche setzt sich aus zwei verschieden großen Flugsteigen zusammen. Der „kleinere“ der beiden, Flugsteig H, misst 400 Meter Länge, Flugsteig J sogar 600 Meter. Kein Problem für die Reisenden, denn dank der vielen Fahrsteige ist die Strecke im Nu zurückgelegt.

Wie im Straßenverkehr müssen sich auf dem Vorfeld alle Fahrzeuge an die auf dem Flughafengelände geltenden Verkehrsregeln halten. Das gilt natürlich auch für Flugzeuge. Um einen sicheren und geordneten Ablauf bei den Rollvorgängen der zahlreichen Flieger zu gewährleisten, bietet der Vorfeldkontrollturm an Flugsteig H eine gute Übersicht für die Vorfeldlotsen. Der Vorfeldkontrollturm bietet mit einer Höhe von 69 Metern einen Überblick über den südlichen Bereich des Vorfelds. Aus fast 70 Metern Höhe haben sie das Areal rund um Terminal 3 sehr gut im Blick und können den Verkehr auch beim Ein- oder Ausparken der Riesenvögel optimal steuern. 

Von Terminal 3 in alle Welt

Doch nicht nur die Länge der Flugsteige weicht voneinander ab, auch ihre Höhe ist unterschiedlich. Während Flugsteig H zwei Ebenen hat, benötigt der große Bruder Flugsteig J ein Stockwerk mehr. Er ist für Reisen außerhalb des Schengen-Raumes konzipiert. Deshalb hat er auf einer separaten Ebene einen eigenen Ankommergang. So lassen sich Schengen- und Non-Schengen-Passagiere voneinander trennen – wie in der neuen Sky Line-Bahn auch. Die klare Aufteilung und Architektur der Flugsteige erleichtert die Orientierung und ermöglicht so eine angenehme Reise. Quelle: Fraport AG / © Christoph Mäckler Architekten

Das moderne innenarchitektonische Konzept und die durchgängige Aufteilung der Flugsteige sorgen für eine schnelle Orientierung: Die Gates mit Wartezone für Passagiere liegen an den Seiten, daneben folgen die Bereiche mit Retail- und Gastronomieangeboten. Der Mittelgang ist über die gesamte Länge der Flugsteige mit insgesamt 36 Fahrsteigen ausgestattet. Und da kommen einige Meter zusammen, denn die einzelnen Fahrsteige werden bis zu 47 Metern lang und 1,20 Meter breit sein.

Die Inneneinrichtung vermittelt ebenso wie im Terminal-Hauptgebäude einen zeitlosen und hochwertigen Eindruck durch die akzentuierten Flächen aus Naturstein, Stahl und Beton. Wer am Flughafen Frankfurt startet oder landet und dabei aufmerksam aus dem Flugzeugfenster schaut, kann außerdem eine weitere architektonische Besonderheit der beiden Flugsteige entdecken: Deren großflächig begrünte Flachdächer.

 

Passagiere finden an den Flugsteigen Retail- und Gastronomieangebote in direkter Nähe zur ihren Gate-Bereichen.

Es geht aufwärts

Hoch die Wände am Baugelände

Die Bauvergabe für Flugsteig H im November 2018 markiert den offiziellen Start für die erste große Rohbaumaßnahme von Terminal 3. Die Arbeiten an der sogenannten Pierwurzel, die den jeweiligen Flugsteig mit dem Hauptgebäude des Terminals verbindet, haben bereits begonnen.

Der Bau des Flugsteiges mit integriertem Vorfeldkontrollturm startet im Januar 2019 und ist Teil des ersten Bauabschnitts. Ebenfalls im ersten Halbjahr 2019 hat der Rohbau des Flugsteigs J angefangen und wird innerhalb von 24 Monaten fertiggestellt. Mit zeitlicher Überlappung erfolgen dann die Fassadenarbeiten sowie die Technische Gebäudeausstattung.

„Die Vergabeentscheidung zu Flugsteig H ist der Startschuss für den Rohbau von Terminal 3. Ab Januar 2019 wächst das neue Terminal nach umfangreichen Tiefbauarbeiten Schritt für Schritt in die Höhe“, sagt Dr. Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender der Fraport AG.

Connecting Piers

Christian Bierend, Gesamtprojektleiter Terminal-Hauptgebäude, erklärt den Bauprozess für Flugsteig H im Video. (April 2019) In unmittelbarer Nähe zum Baugelände werden die vorhandenen Gatepositionen bereits während des Baus der Flugsteige genutzt. Damit die zahlreichen Baumaschinen sicher arbeiten können, wo wenige Meter weiter Flugzeuge parken, ist höchste Präzision gefragt – wie bei einer Operation am offenen Herzen.

Der Rohbau der Flugsteige birgt eine Besonderheit: Es wird, anders als beim gewöhnlichen Hausbau, nicht in einem Guss von unten nach oben gebaut. Stattdessen wachsen zunächst viele einzelne Teilbauwerke dicht nebeneinander in die Höhe. Diese einzelnen Gebäude sehen nahezu identisch aus – im Fall von Pier H sind es quasi „eineiige Siebenlinge“. Sobald alle Teilgebäude errichtet sind und der Beton ausgetrocknet ist, werden sie miteinander verbunden. Aus sieben Einzelgebäuden von Pier H entsteht so ein zusammenhängender Flugsteig, der trotz seiner 400 Meter Länge im Endzustand einen fugenlosen Rohbau hat. Dies ist zwar komplexer in der Erstellung des Rohbaus, ermöglicht aber viele konstruktive Vereinfachungen im späteren Ausbau und Betrieb des Flugsteigs. Denn es muss kein Spielraum für die Ausdehnung der Materialien bei Temperaturveränderungen eingeplant werden. Die Gebäudetechnik kann nahezu in einem Stück verlegt werden.

Während für die Errichtung von Flugsteig H sieben Teilbauwerke nötig sind, wird Flugsteig J aus acht bestehen. An den unterschiedlichen Teilbauwerken wird parallel gearbeitet, was ein hohes Maß an Koordination und Organisation erfordert. Die einzelnen Bauwerke werden mit Abstand von einem Meter aufeinander zugebaut und nach ihrer Aushärtung mit Beton zu einem Flugsteig verbunden.  

 

Die interaktive Infografik zeigt, wie die Flugsteige H und J gebaut werden. Klicken Sie mit der Maus auf die Ziffern, um mehr zu erfahren.

Eine stahlharte Bewehrungsprobe

Der Rohbau der einzelnen Teilbauwerke ist eine stahlharte Aufgabe. Er startet zunächst von ganz unten im Keller und wächst von da aus in die Höhe. Die Wände und Stützen im Keller von Flugsteig H wurden im Spätsommer 2019 bereits weitestgehend fertiggestellt. Nun gilt es, „noch einiges drauf zu setzen“! Doch bevor die nächste Ebene auf dem Keller entstehen kann, verstärken Schalarbeiter die Kellerdecke mit Bewehrungsstahl. Dieser sorgt für stabilen und tragfähigen Beton. Für den weiteren Hochbau werden auf der Terminal 3-Baustelle sowohl vorab hergestellte Betonteile als auch direkt vor Ort angefertigte Konstruktionen verwendet. Beim sogenannten „Ortbeton“ handelt es sich um noch flüssigen Beton, der überwiegend frisch vor Ort hergestellt und dann in Form gegossen wird. Eine Rüttelplatte entfernt dann Luftbläschen aus dem eingegossenen Beton und verdichtet ihn sorgfältig. Gemeinsam mit den fertigen Bauteilen wächst Flugsteig H so immer weiter in die Höhe, dicht gefolgt von Flugsteig J.

Neben den langgezogenen Gebäuden der beiden Flugsteige entstehen zusätzlich insgesamt 24 Brückenbauwerke. An diesen können später die Flugzeuge andocken und über die an die Brückenbauwerke angeschlossenen Fluggastbrücken gelangen die Reisenden bequem ins Flugzeug – der perfekte Start zur „Guten Reise“.

 

Die beiden Flugsteige H und J werden in Teilbauwerken realisiert. Noch parken die Flieger neben der Baustelle, bald werden sie an einen fertigen Flugsteig andocken. 400 Meter Länge wird Flugsteig H nach seiner Fertigstellung messen. Die Arbeiten für die Teilbauwerke von Flugsteig H sind bereits in vollem Gange. Etwa 50 Kräne mit bis zu 85 Meter Höhe stehen im Verlauf des Hochbaus auf der Baustelle. Stück für Stück wachsen Betonbauten aus dem Boden. Der Rohbau der beiden Stockwerke von Flugsteig H steht bereits, auch die Decken konnten bereits geschlossen werden. Beim Einhub der großen Fenster für Flugsteig H ist größte Präzision gefragt. Auf dem Dach von Flugsteig H werden gigantische Stahlkonstruktionen montiert. Diese werden einmal einen Teil der Technik beinhalten. Der Vorfeldkontrollturm wächst bereits über den Flugsteig H in die Höhe hinaus. Der neue Vorfeldkontrollturm an Flugsteig H wird eine Gesamthöhe von 70 Metern erreichen. Durch die sogenannte Kletterschalung wiederholen sich die Bauschritte auf jedem Stockwerk und gehen so schneller voran. Die Medienkanäle von Flugsteig J sind bereits ausgehoben, nun beginnt auch an dem längeren Pier der Hochbau. Zunächst werden die Betonstrukturen im Keller von Flugsteig J errichtet. Flugsteig H legt vor, Flugsteig J macht nach: Auch der später einmal 600 Meter lange Flugsteig wächst schon deutlich in die Höhe. Die tragenden Stützen stehen schon, bald können die Arbeiten an der Decke zum Erdgeschoss von Flugsteig J beginnen.

 

Alles unter Kontrolle

Bei jeder Bewegung von Flugzeugen auf dem Vorfeld, heißt es: Einsatz für die Vorfeldlotsen! Sie behalten den komplexen Verkehr auf den Rollwegen jederzeit genau im Auge und leiten den Piloten den Weg. Und besonders am größten Flughafen Deutschlands braucht es dafür guten Durchblick: Schließlich starteten und landeten 2018 hier durchschnittlich 1.400 Maschinen pro Tag. Da durch das neue Terminal 3 künftig auch im Süden des Flughafens mehr Bodenverkehr entsteht, wird ein neuer Vorfeldkontrollturm errichtet. Dieser wird in das Gebäude Flugsteig H integriert. Dadurch gehen der Bau des Piers und der des neuen Towers Hand in Hand. Die ersten vier Stockwerke des Timo Ziegler, Bauleiter bei der Anton Schick GmbH + Co.KG, gibt Einblicke in den Bau der Flugsteige H und J mitsamt des Vorfeldkontrollturms. (Oktober 2019) Kontrollturms fügen sich noch in den Flugsteig ein, danach wächst er eigenständig bis auf seine Gesamthöhe von fast 70 Metern Richtung Himmel. Der Tower wird ab dem fünften Stock mit einer sogenannten Kletterschalung errichtet. Die Außenwände aus Beton werden vor Ort hergestellt und dann Stockwerk für Stockwerk wiederholt aufeinandergesetzt. Um die Betonteile an ihre angedachte Position zu bringen, ist ein 65 Meter hoher Hochbaukran vor Ort. Damit dieser später auch bis zu den oberen Stockwerken reicht, wird er später um 20 Meter aufgestockt. Die Kranführer müssen dann in schwindelerregender Höhe millimetergenau arbeiten.

Der Vorteil der Kletterschalung: Dank der sich wiederholenden Arbeitsschritte wächst der neue Vorfeldkontrollturm immer schneller in die Höhe. Nach aktuellen Planungen stehen bis zum Herbst 2020 bereits die ersten zwölf Ebenen. In diesen Bereichen wird später neben Fahrstuhl und Treppe hauptsächlich die notwendige Technik verbaut. Die Etagen 13 und 14 umfassen dann die Kanzel, die circa sechs Meter über den Grundkörper des Towers hinausragt. Sie dient als Arbeitsplatz der Vorfeldlotsen und ist daher rundum mit geneigten Glasscheiben ausgestattet. Das ermöglicht eine 300 Grad-Sicht auf das umliegende Flughafenareal. Dabei ist für die Lotsen vor allem der Blick Richtung Vorfeld relevant.

Für den Bau des Towers bedeutet die Kanzel eine besondere Herausforderung für die Rohbauer: Sie müssen in großer Höhe mit einer aufwändigen Sonderschalung arbeiten. Das wird voraussichtlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als alle vorherigen Stockwerke. Damit die beteiligten Bauarbeiter bestmöglich auf die fordernden Aufgaben vorbereitet sind, gibt es vorab spezielle Schulungen sowie ein Gerüst zur Unterstützung der Arbeiten auf 70 Metern Höhe.

 

Von den äußeren zu den inneren Werten

Projektleiter Dirk Strunk erklärt, welche Funktion die gigantischen Stahlteile auf dem Dach von Flugsteig H haben und welche Herausforderungen der Einhub und die Montage der Teile mit sich bringen. (September 2020) Sobald der Rohbau der Flugsteige abgeschlossen ist, startet die Technische Gebäudeausstattung. Dazu zählt zum Beispiel die zirkadiane Lichtsteuerung, die den Verlauf des natürlichen Tageslichts nachbildet und so Jetlag mildern kann. Doch bevor so spezielle Lichttechnik verbaut wird, heben Großkräne schweres technisches Gerät ein – wie die moderne Sanitär- und Lüftungsanlage oder die Heizungs- und Sicherheitstechnik. Ein Teil dieser technischen Installationen, insbesondere die Lüftungstechnik, ist auf den Dächern der Flugsteige untergebracht. Genauer: In riesigen Stahlkonstruktionen verbaut, die auf den Dächern der beiden Piers aufliegen. Bei Flugsteig H sind 14 Teilabschnitte auf dem Dach verbaut, die jeweils eine Länge von 24 Metern aufweisen. Stück an Stück reiht sich der Stahl über 336 Meter auf. Das entspricht mehr als dreiviertel der gesamten Pier-Länge. Beim 600 Meter langen Flugsteig J werden es 23 Abschnitte sein. Somit erstrecken sich die massiven Teile dort sogar über 552 Meter. Von unten betrachtet sehen die Stahlteile fast so aus, als würden sie über den Flugsteigen schweben. Ein eindrucksvoller Anblick, mit Blick auf die Dimensionen. Die Stahlkonstruktion steht fest auf dem Dach der Piers verankert mit massiven Betonstützen. Der Eindruck der schwebenden Stahlteile ergibt sich je nach Blickwinkel des Betrachters. Damit fügt sich später die „ausgehauste“ Technik harmonisch in die gesamte Architektur ein.

Bevor die Installationen beginnen können, müssen die riesigen Stahlteile zunächst ihre finale Position auf dem Dach erreichen. Das ist sprichwörtlich keine leichte Arbeit. Jedes Stahlgerüst wiegt bis zu 50 Tonnen. Ein mobiler Kettenkran ist dafür im Einsatz und hebt die Konstruktionen Stück für Stück nach oben. Dafür ist jede Menge Fingerspitzengefühl und Teamarbeit gefragt. Denn der am Boden arbeitende Kranführer sieht nicht, wo er die Last oben auf dem Pier ablässt. Sein Einweiser sorgt mit Anweisungen über Funk dafür, dass die Konstruktionen millimetergenau platziert werden. Oben abgesetzt, sichern Arbeiter die Stahlteile und beginnen mit der Montage. Spezielle Lacke sorgen dafür, dass die Teile gegen Wind und Wetter geschützt sind. Dann kann die eigentliche Installation der technischen Anlagen starten, dank der Passagiere künftig ihren Aufenthalt im neuen Terminal 3 genießen können.

Ein großer Vorteil der auf dem Dach verbauten Technik liegt im Betrieb. Die Wartung ist dank der leichten Zugänglichkeit wesentlich unkomplizierter und kann auch tagsüber geschehen. Wäre die Großtechnik im Gebäude verbaut, könnten Techniker nur in kleinen Zeitfenstern außerhalb der Betriebsstunden nachts daran arbeiten. Auch Passagiere profitieren von der Technik auf dem Dach. Sie genießen viel mehr Freiraum in den Flugsteigen. Hier versperren keine großen Technikräume den Blick – zum Beispiel aufs Vorfeld.

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